Es ist wieder einmal passiert: Ich bin gestrandet. Erneut in Johannesburg. Wieder einmal 9 Stunden. Dieses Mal wurde mein Flug gecancelt, weil die Fluglinie nicht genügend Flugzeuge zur Verfügung hat. Kann ja mal passieren?
Seit 2 Stunden sitze ich am Abfluggate und warte auf meinen letzten Flug Richtung Port Elizabeth. Mein Blick wandert zum Abflug-Bildschirm, um meine Flugnummer noch einmal zu checken. CANCELED! Noch vor ein paar Jahren wäre ich jetzt in Tränen und Panik ausgebrochen, so allein auf Reisen. Dieses Mal bleibe ich ruhig. War ja irgendwie schon klar, ist überhaupt nix Neues – Jill ist allein unterwegs!
Den Rucksack umgeschnallt mache ich mich auf den Weg zum Info-Point, wo man mir sagt, dass ich mit meinem Handgepäck nochmal zurück zum Check-In muss. Wunderbar! So lief ich entgegen den wuseligen Menschen-Strom durch den Sicherheitsscanner, begleitet von Sicherheitspersonal. Erneut am Check-In angestellt buchte mich eine nette Dame auf den allerletzten Flug an diesem Tag. Die anderen Flüge seien schon komplett ausgebucht. Wunderbar! Nach langem Hin-und-Her bliebt mir nichts anderes übrig als diesen Flug dankend anzunehmen, wenn ich nicht die ganze Nacht auf dem Flughafen verbringen wollte.
Halt, mein Backpack! Der ist bereits seit 3 Stunden abgefertigt. Das fehlte mir noch, dass mein Koffer mir abhanden kommt. Erneute Diskussionen! Und so schickte die nette Dame am Schalter einen noch netteren Kollegen persönlich in den Keller um persönlich meinen Backpack zu finden, ihn wieder anzuschleppen, sodass wir vor meinen Augen ein neues Label ankleben konnten.
Planung ist das halbe Leben – Oder auch nicht
Leute, hier kommt die nackte Wahrheit: Soweit ich zurückdenken kann lief bei mir kaum eine Reise reibungslos ab. Irgendetwas passierte bisher immer. Zum Beispiel war mein Handy Akku leer, sodass ich niemanden mehr erreichen konnte. Mein Ladekabel irgendwo verschollen. Oder die Kopfhörer haben den Geist aufgegeben. Wieder ein anderes Mal ging mein Koffer verloren. Ich verpasste fast meinen Flug, weil die Sicherheitskontrolle ewig dauerte, oder halt wie dieses Mal: Flug gestrichen, weil “nicht genügend Flugzeuge vorhanden”. Die Liste hört nicht auf! Ist nun nichts, was dich umbringt. Aber jetzt mal ehrlich: An den Nerven zerrt es trotzdem.
Mit der Zeit gewöhne ich mich daran… werde geübter, krisenerprobter und organisierter. Doch selbst die beste Vorbereitung und Reiseplanung bringt gar nichts, wenn der Flughafen dir einen Strich durch die Rechnung macht. Übermüdet trotte ich mit Handgepäck von Duty-Free Shop zu Duty-Free Shop. Überglücklich darüber, dass man vor dem Abflug noch schnell daran gedacht hat, die Zahnbürste in den Rucksack zu schmeißen, ärgert man sich insgeheim dann doch wieder über den viel zu überteuerten Kaffee – oder das 5 Euro Wasserfläschchen – die genau jetzt überlebensnotwendig scheinen.
Glaubt mir, egal wie gut ihr eine Reise vorher plant, der Flughafenalltag hält immer wieder neue Überraschungen bereit!
Für mich selbst sind all diese Dinge nicht mehr so tragisch. In diesem Moment bleibt mir auch nichts anderes übrig, als einen kühlen Kopf zu bewahren. Flug für Flug konnte ich mir mittlerweile eine gewisse Gelassenheit zulegen, die ich sonst als so hibbeliges, rastloses Bündel keineswegs mit mir herum trage.
Am Flughafen gestrandet – Was nun?
Was macht man also, wenn man für mehrere Stunden ganz alleine am Flughafen in Hinter-Timbuktu gestrandet ist? Vielleicht hat man auch einfach mal wieder ein Schnäppchen geschlagen, bei dem der Anschlussflug nicht so günstig gelegen ist. Nun sollte man innerhalb von 30 Minuten von Terminal A zu Terminal Z rennen, dabei noch Passkontrollen passieren, den Nacktscanner ausprobieren und zum zehnten Mal die Schuhe sorgfältig aufs Laufband legen. Und zack, da war der Flug weg.
Willkommen bei den #Flughafengeschichten!
Hier sind ein paar meiner gängigsten “Reisemacken” oder auch Überlebenstechniken für einen längeren Aufenthalt am Flughafen:
Menschen beobachten
Klingt ein bisschen unheimlich. Es vertreibt aber unglaublich gut die Zeit, regt die Fantasie an und lässt mich in Tagträumen versinken. Ich schreibe dann. Ich male mir Szenarien aus. Ich lausche. Und ich hinterfrage. Wo kommt die hübsche Frau auf ihren High-Heels wohl her? Was macht sie wohl beruflich, wieso verdammt reist sie auf Stöckelschuhen und wohin geht ihre Reise noch? Was führt diese Familie mit ihren 3 kleinen, blond-gelockten Kindern gerad wohl im Schilde, die so seelenruhig am Gate für den Flug Richtung Mombasa sitzt?
Duty-Free-Shop-Bummeln
Duty-Free Shops abklappern und nur mal gucken was es so gibt! Den neuen Duft von XY ausprobieren, die gute Augencreme gegen die trockene Luft im Flugzeug vorsichtshalber nochmal testen… Ihr wisst wovon ich spreche? Im Nu duftet man ganz wundervoll, fühlt sich nicht mehr ganz so muffelig, kennt alle neuen Parfüms und die Zeit hat man sich auch schön vertrieben.
Das gleiche gilt für die Bücher-Shops, in denen ich mich stundenlang aufhalten könnte. Ich blättere durch Magazine, bestaune die hübschen Buchcover und gönn mir ein paar Leseproben hier und dort.
Dinge, die ich vom Flugzeug-Menü nicht gegessen habe nehme ich grundsätzlich in meinem Handgepäck mit. So konnte ich heute zum Beispiel die Hälfte der Wartezeit mit einem Joghurt, einem Stück Kuchen und einem Orangensaft überbrücken ohne mir etwas Teures kaufen zu müssen! Das gleiche gilt für die feuchten Tücher.
Kostenloses W-Lan nutzen
Hat man beispielsweise ein Handy und ein Tablet dabei, kann man die Zeit sogar verdoppeln oder verdreifachen. Ausserdem habe ich grundsätzlich Serien, Hörbücher und Musik auf meinen Geräten. Wichtig: Ladegerät ins Handgepäck!
Notizbüchlein füllen
Egal wie viel Gepäck ich mit mir herumschleppe, mein Notizbüchlein ist immer dabei. Ich zeichne, ich schreibe auf was ich beobachte, ich überlege mir, was ich unbedingt unternehmen möchte…
Und was macht man, wenn das W-Lan weg ist, der Handyakku leer und die Kopfhörer kaputt? Kein Notizbüchlein zur Hand, während man gleichzeitig wie ein wandelndes Parfümgeschäft duftet.
Lächeln & fremde Menschen ansprechen
(Vorausgesetzt, man vergrault jetzt niemanden mit seiner Duftfahne…)
Es ist ganz einfach und erfordert nur ein bisschen Offenheit und Mut: Man spricht fremde Menschen an! Ja genau, nicht mit dem Telefon sondern mit der von Gott gegebenen Stimme. Das funktioniert. Und dann erfährt man, wieso der eine ältere Herr in Shorts & Flip-Flops nun einen Safari-Hut und eine praktische creme-farbene Weste trägt oder wer dem kleinen Mädchen diese niedlichen Zöpfe geflochten hat. Auf einmal läuft einem der Heinz über’n Weg, der eine klitzekleine Winzerei in der deutschen Walachei besitzt, weswegen er auf dem Weg nach Kapstadt ist um die besten Weine der Welt zu probieren. Oder man schnackt ne Runde mit Marco aus der Schweiz, der seine Tochter dreisprachig aufzieht und wie es kam, dass er spontan in Patagonien gezeltet hat. Nebenbei erhascht man so nicht nur einen Einblick in das chaotische Reiseleben anderer, sondern bekommt auch noch Top-Tipps für den nächsten Urlaub und ne Einladung in die Schweiz zum Wander-Urlaub….
Nicht jeder ist direkt so offen, nicht jeder unterhält sich gern mit fremden Menschen. Aber probiert es einfach mal aus.
Wenn das alles dann doch nichts mehr bringt, dann hilft nur noch folgendes:
Ganz fürchterlich heulen, auf den Boden werfen, unschuldige Flughafenmenschen anpöbeln, beleidigt eine Fluppe ziehen und nicht vergessen, jede Minute auf die Uhr zu gucken.
Was sind denn deine Reisemacken? Hast du weitere Tipps für mich, wie ich meine Zeit auf dem Flughafen totschlagen kann, wenn ich mal wieder gestrandet bin? Ich bin gespannt auf deine Ideen, teil sie doch mit mir in den Kommentaren.
2 Comments
Jill | bliss & jaunt
1. Juni 2017 at 16:22Vielen Dank, Franzi! 🙂
Franzi
31. Mai 2017 at 16:59Hübscher Blog, gefällt mir !
Liebe Grüße