“Du willst auf die Lofoten, im Winter??? Zu dieser Jahreszeit? Da ist es doch de ganze Zeit dunkel. Und kalt. Da kann man ja gar nichts machen!?”
Fragende Gesichter schauen mich durchaus konfus an. An ihren Blicken kann ich förmlich ihre Gedanken ablesen: Leicht verrückt ist sie ja schon – im Winter nach Norwegen, wo es die ganze Zeit stockduster ist.
Genau das ist es ja, was mich im Winter in den hohen Norden zieht:
Ich bin L (E) I C H T V E R R Ü C K T.
Unendliche Dokumentation über Skandinavien habe ich in der Vergangenheit verschlungen, darunter auch solche über das magische Nordlicht: Aurora Borealis. Seither träumte ich davon, einmal dort zu stehen mitten im Nirgends, über mir das grün schillernde Polarlicht. Um mich herum die Dunkelheit, die Eiseskälte, die unendlichen Schneemassen. Und nun stand ich dort…
Silvester in Norwegen
Es ist 21 Uhr, als wir in unserer gemütlichen Hütte ein Isbjørn schlürfen. Draußen tobt der Schneesturm und mit jeder weiteren Wolke am Himmel schwindet meine Hoffnung auf Polarlichter an Silvester. Hin und wieder klebt meine Nase am frostigen Fenster, um den Himmel nach Lichtern abzusuchen. Nichts! Es vergehen einige Stunden an denen sich am Himmel nur dicke Wolken tummeln. Auch unsere Apps versprechen wenig.
“Ich geh mal raus vor die Tür, ich brauche frische Luft!”
“Ich komm mit, sonst schlaf ich ein!”
In Adiletten, Skileggings und Socken drömeln wir gemütlich vor die Tür. Die Sterne stehen hoch am Himmel, ich reibe mir die Augen, laufe verwirrt hin und her, denn ganz unerwartet tanzen sie plötzlich wild am Himmel: POLARLICHTER!
Whoa, Polarlichter! Ich bin perplex, fasziniert, verdutzt und einfach hypnotisiert. Wo kommen die denn jetzt so plötzlich her? Mit offenem Mund und leuchtenden Augen stehe ich nun vollkommen verdutzt in Söckchen und Leggings auf der Veranda unserer Unterkunft; mein Sitekick dieser Reise mit Badelatschen im Schnee. Immerhin zeigt das Thermometer – 8°C, recht warm also.
In rasender Eile schnappen wir alles was nötig ist und machten uns auf den Weg. Ich vergesse meine Kopflampe. Fail! Wir stapfen bei nun mittlerweile -10°C mit nur einer Stirnlampe gerüstet über verschneite Ebenen und bahnen uns über Stock und Stein einen Weg durch die eisige Nacht auf einen kleinen Berg hinauf. Mir erfrieren die Finger zu Eiswürfeln und die Füße sind auch allmählich schockgefrostet (Memo an mich: Beim nächsten Mal nicht diese pseudo Dinger, sondern richtige Winterstiefel einpacken!!!), doch das alles ist mit einem Mal beim Anblick des Polarlichts vergessen. Mit vor Kälte geröteter Nase, rosigen Wangen und offenem Mund staune ich gen Himmel. So etwas abgefahrenes, wunderschönes hatte ich noch nie zuvor gesehen. Ehrlich jetzt!
So sitze ich an Mitternacht auf einem schneebedeckten Hügel im Nirgends bei Straumnes in Norwegen.
Über mir tanzt das Nordlicht, vor mir funkelt der Himmel mit Feuerwerk und roten Leuchtkugeln! Kein Schnickschnack, keine laute Musik. Einfach nur der Wind, das Feuerwerk, das Meeresrauschen und hin und wieder hört man den Schnee unter den Stiefeln knirschen! Wir sprechen kaum. Jeder staunt für sich allein und genießt den magischen Augenblick. Ehrfurcht vor dem Ausblick durchzieht mich und ich kann einfach nicht genug bekommen.
Wir klettern gegen 1:30 Uhr morgens den Hügel hinunter, trinken noch ein letztes kühles Bier aufs neue Jahr und ich weiß: Besser hätte 2016 nicht enden können!!!
Ich war soeben süchtig geworden und blicke mit einem Lächeln im Gesicht ins neue Jahr!
Chasing Aurora – Dem Nordlicht auf den Fersen
Es folgte eine frostiger Nacht Nachmittag nach der dem anderen (Polarnacht beginnt schon gegen 14:30), in der wir mit unserem kleinen gemieteten VW Up über einsame vereiste Landstraßen fuhren, immer auf der Suche nach dem Polarlicht am Himmel.
Egal ob auf einem Hügel, am Strand vor unserer Unterkunft oder an einem einsamen See, die Lichter waren überall. Oftmals zierte sich Aurora und man erkannte sie nur schleierhaft am Himmel. Schaut man genau hin, lernt man allerdings schnell zu unterscheiden, ob man eine Wolke oder ein weißes Polarlicht sieht. Durch das Polarlicht scheinen Sterne grundsätzlich durch. Obwohl es die meiste Zeit stockduster war, war mein Körper hellwach. Aurora kann man einfach nicht verschlafen!
Angekommen in Narvik beschlossen wir kurzerhand einen Abstecher rüber nach Schweden in den Abrisko Nationalpark zu machen. Die Schneemassen häuften sich, während wir in die tiefschwarze Nacht hinausfuhren und der Sternenhimmel immer heller funkelte. Und dann zeigte sie sich wieder in ihrer vollen Pracht, dieses Mal sogar richtig hell leuchtend und wild ausgelassen tanzend zwischen Sternschnuppen und ein paar Wolken – Madame Aurora Borealis! Diese überirdische Schönheit am Himmel war einfach nicht von dieser Welt.
Im Winter auf der Suche nach dem Nordlicht
Zwischen Oktober und März zeigt sich Aurora regelmäßig zwischen unzähligen Sternschnuppen am wolkenfreiem Himmel. An 5 von 7 Tagen bekam ich Nordlichter zu sehen – das Wetter war wirklich auf meiner Seite. Die Sonne geht gegen 10 Uhr auf und es dämmert langsam gegen 14 Uhr. Hält man geduldig die Augen offen, entdeckt man das Naturschauspiel gewiss!
Drei nützliche Apps für Nordlichtjäger
Wie hat sie das nur gemacht? 5 von 7 Tagen die Aurora zu Gesicht bekommen. Zum einen hatten wir verdammt viel Glück mit dem Wetter, zum anderen wussten wir, wohin wir fahren müssen, um einen sternenklaren Himmel zu finden. Es gibt unzählige Apps, die Alarm schlagen, sobald Nordlichter auftauchen. Folgenden drei Apps waren uns eine nützliche Nordlicht-Vorhersage und unser täglicher Kompass direkt zu Aurora:
- Aurora Alerts
- Aurora Forecast vom Alaska Institut
- Norway Lights
Parallel zu den Apps behielt ich stets die norwegische YR Wettervorhersage im Blick. Somit kann man vorausschauend planen, allerdings änderte sich das Wetter manchmal stündlich. Ein regelmäßiger Blick auf die Karte ist daher empfehlenswert. Das NRK Institut stellt ihre Wetterkarte auch als App für iOS und Android zur Verfügung.
Falls du also Ende des Jahres wieder einmal vor der allseits gefürchteten Frage stehst, was du nur an Silvester anstellen sollst: Spar dir das Geld für die eh viel zu überteuerte (seien wir mal ehrlich, es ist doch eh jedes Jahr das gleiche Spektakel) Silvesterparty. Spar dir das Geld für die teuren Knaller und Raketen.
Stattdessen: Buch dir dieses Ticket nach Norwegen, pack die lange Unterhose ein, kletter auf diesen Berg und feier mit Aurora unterm Sternenhimmel die zauberhafteste Silvesterparty, die alles bisher gewohnte Krawumms und Gefunkel übertreffen wird. Mach dich auf die Suche nach dem Nordlicht. Ich verspreche dir, es wird ein unvergessliches Erlebnis! Die Nordlichter in ihrer verzauberten Pracht zusammen mit den glühenden Sternschnuppen waren wie ein Sinnbild für einen Neuanfang.
Zögerst du noch? Oder bist du nun auch L(e)icht verrückt nach Aurora?
S A-z Photos – Ein Dank an den weltbesten Fotografen
*Ein großer Dank geht an meinen Reise-Sitekick Steffen für das zur Verfügung stellen der Bilder! Er ist derjenige, der im Dunkeln hauptsächlich hinter der Kamera stand und deswegen verantwortlich für alle wundervollen Nordlicht-Fotos in diesem Post ist.
Wenn ihr noch mehr von Steffens Natur-Schnappschüssen sehen wollt schaut doch einfach mal Hier! vorbei.
4 Comments
L(e)icht verrückt auf die Lofoten-Inseln | Bliss & Jaunt
23. Februar 2017 at 10:10[…] man bezahlbare Preise für Flüge mit Zwischenstop in Oslo. Entscheidend hierfür war der Wunsch, an Silvester Nordlichter statt Feuerwerk zu erleben. Hierfür muss man über den Polarkreis reisen und die Chancen stehen am besten wenn man sich […]
Norwegen: Ein Wintermärchen zum nicht satt sehen können | Bliss & Jaunt
23. Februar 2017 at 09:59[…] Lofoten Reise diente einzig und allein der Nordlichterjagt und zwischendurch fühlte ich mich schon ein wenig wie in einem Abklatsch von dieser Serie mit den […]
Jill
10. Februar 2017 at 10:04Hallo Andreas, freut mich, dass dich meine Reise zu den Nordlichtern selbst inspiriert, dir diesen Traum auch zu erfüllen. Was ich Dir auf jeden Fall raten kann ist eine Taschenlampe, viel praktischer noch eine Kopflampe, mitzunehmen (dann hast du die Hände frei 😉 ). Gerade auf den Lofoten ist es sowohl an vielen Straßen als auch in der Natur selbst stocke-stocke-duster. Ohne Kopflampe wären wir wirklich aufgeschmissen gewesen! Bedenke auch auf jeden Fall, dass es verdammt kalt werden kann und man geduldig längere Zeit draußen wartet, bis man die Nordlichter zu Gesicht bekommt. Vernünftige Winterkleidung und vor allem richtig gute Handschuhe erleichtern einen das gespannte Warten in der Kälte!
Ich werde mir Gedanken über eine nützliche Gadgetliste machen und dazu einen passenden Post veröffentlichen.
Andreas
9. Februar 2017 at 22:47Inspirierender Artikel. Das ist auch schon immer mein Traum sich dieses Naturspektakel anzuschauen und irgendwann werde ich ihn mir erfüllen. Neben den Apps, die richtigen Stiefel etc. hätte ich gerne gewusst, was man noch so für Gadgets oder Sachen gebrauchen könnte und auf jeden Fall nicht vergessen darf. Vielleicht durch eine Gadgetliste. Auf Reisen fällt einen ja immer zu spät ein, was man noch gut gebrauchen könnte. Viel grüße und mach weiter so. Das ist toll.